Ein Kommentar.
Bekanntermaßen gibt es seit vielen Jahren eine schwelende Auseinandersetzung zur Stundung der obligatorischen Herstellungsbeiträge von Infrastruktureinrichtungen für übergroße Grundstücke. Die CSU-Fraktion möchte eine Rückabwicklung der vor vielen Jahren ergangenen Beitragsbescheide erwirken.
Passend zum eh schon heiklen Thema gab es bei der Veranstaltung einen seitens der Gemeindeführung mehr oder weniger selbstverschuldeten „Aufreger“.
Der Reihe nach. Auf Betreiben der CSU-Fraktion im Tiefenbacher Gemeinderat fand am 13. 07.2022 im Rathaus die Sitzung des Petitionsausschusses des Bayerischen Landtags statt.
Dass das ein de facto aussichtloses Ansinnen ist, das wurde bereits in einem Vortrag von Rechtsanwalt Heidorn am Rande des Kommunalwahlkampfs 2020 deutlich. Denn die Bescheide, die im Wesentlichen noch zu Zeiten von Alt-Bürgermeister Schmerbeck ergingen, haben sogenannte Bestandskraft. Sie wurden seinerzeit nicht angefochten, was die rechtlich einzige Möglichkeit gewesen wäre die Bescheide zu ändern bzw. zurückzunehmen. Zudem hat Bürgermeisterin Gatz das Problem, dass eine Aufhebung der früheren Bescheide ein Verstoß gegen den „Haushaltsgrundsatz zum wirtschaftlichen Handeln“ bedeuten würde. Das wiederum kann persönliche oder dienstrechtliche Konsequenzen zur Folge haben, obwohl sie für das eigentliche Dilemma nicht verantwortlich ist.
Lange vor dem eigentlichen Ausschusstermin wurde von Bürgermeisterin Gatz in Abstimmung mit dem Landratsamt beschlossen, dass die Tiefenbacher Gemeinderäte zwar bei der Sitzung anwesend sein dürfen, aber keine Rederecht erhielten. Eine Abfrage bei der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.05.2022 sollte ergeben, welches Gemeinderatsmitglied zu der ausdrücklich als „Ortstermin“ deklarierten Ausschusssitzung teilnehmen wolle. Die Anmeldeliste würde an das zuständige Referat beim Bayerischen Landtag weitergeleitet werden, welches dann darüber entscheide, wer an dem Ortstermin teilnehmen könne. Diese Abfrage und die Deklarierung als Ortstermin erweckte den Eindruck, dass die Ausschusssitzung nichtöffentlich und eine Teilnahme von Bürgern nicht vorgesehen sei.
Was ist nun bei der Sitzung passiert? Gemeinderat Joachim Westphal drückte in der GR-Sitzung am 02.08.2022 seine Unzufriedenheit aus, dass es entgegen der Absprachen doch ein Bürger geschafft hatte der Sitzung beizuwohnen. Im weiteren Verlauf der Diskussion nannte Geschäftsstellenleiter Manfred Tremmel auch den Namen des Bürgers, der bis dahin übrigens von den Gemeinderäten nicht erwähnt wurde, wohl mit Rücksicht auf eine offensichtliche Indiskretion. Es handelte sich nämlich um Alfred Wiesner, pikanterweise Ehemann von Gemeinderätin Rosa Wiesner (ULTi). Es drängt sich die Frage auf, wie es zu seiner Teilnahme kam. Und weshalb wurde ihm dann auch noch Rederecht vom Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Herrn Ländner, gestattet? Dieser hatte gegen eine „Öffentlichkeit“ der Sitzung augenscheinlich nichts einzuwenden.
Sehr wohl hätte aber Bürgermeisterin Gatz die Gelegenheit gehabt, die Situation aufzuklären, zumal sie von Herrn Ländner den Hinweis bekommen hatte, dass sie die Situation aufklären möge. Bürgermeisterin Gatz bestritt dies jedoch in der GR-Sitzung vom 02.08.2022 und gab Ihrerseits die Verantwortung für dieses „Missverständnis“ an Herrn Ländner zurück, der plötzlich in der Sitzung „umgeschwenkt“ sei und entgegen einer vorherigen Absprache diese doch als öffentlich eingeordnet habe. Und da er das Hausrecht gehabt hätte, wären ihr – sinngemäß – die Hände gebunden gewesen.
Es ist jedenfalls ein starkes Stück, dass ein einzelner Gemeindebürger Zutritt bekommt und dann auch noch Gehör findet. Den Gemeinderäten war dieses Rederecht im Vorfeld wie gesagt mehr oder weniger abgesprochen worden. Gemeinderätin Sigrid Maier (CSU) hat als Petitionsführerin während der Ausschusssitzung deutlich zu erkennen gegeben, dass das „nicht geht“.
Nach Meinung von Joachim Westphal sei das Vorgehen des Bürgers jedenfalls charakterlos und ohne Taktgefühl für die Situation gewesen.
Lisa-Marie Kapser (Bürgerforum) pflichtete bei und meinte, dass durch dieses Vorgehen keinerlei „Waffengleichheit“ bei der Meinungsbildung bestanden habe. (Apropos: Bevor man sich möglicherweise an dem Begriff stört, das ist ein unter Juristen absolut gängiges und praktiziertes Argument für „Chancengleichheit“. Irgendwelche Vergleiche mit anderen martialischen Formulierungen erübrigen sich von selbst)
Mein Fazit:
Nach meiner Meinung hätte Bürgermeisterin Gatz frühzeitig und noch vor Beginn der Ausschusssitzung proaktiv eingreifen müssen. Vielmehr versteckte sie sich jedoch hinter Ausreden, um keine Verantwortung für diesen offensichtlichen Fauxpas übernehmen zu müssen.
Inhaltliche Informationen aus der „öffentlichen“ Ausschutzsitzung sind übrigens nicht geflossen. Ich bin gespannt, ob das bei der nächsten Gemeinderatssitzung nachgeholt wird. Immerhin handelt es sich bei aller Sensibilität des Themas um etwas, was von vielen Gemeindebürgern interessiert verfolgt wird.
Lisa-Marie Kapser